Wolfgang von Einsiedel
Im Namen des Deutschen Volkes ...
Am 29.09.1937 wurde Wolfgang von Einsiedl verhaftet. Angeklagt wurde er wegen des § 175 "neuer und alter Fassung" in der am 19.01.1939 stattfindenden Gerichtsverhandlung. Verurteilt wurde er am 18.09.1939 zu einem Jahr Gefängnis, auch sein folgendes Gnadengesuch wurde kurz nach der Urteilsverkündung abgelehnt. Im selben Jahr wurde auch seine Doktorwürde aberkannt.
"Im Jahr 1935 lernte der Angeklagte im Stadtpark Schöneberg den Mitangeklagten Renner kennen, der dort auf einer Bank saß und dort in einem Buch las. Beide freundeten sich an, besuchten wiederholt Lokale und Kinos. Später lud der Angeklagte von Einsiedl Renner in seine Wohnung ein. Hier kam es auf der Chaiselounge im Sommer 1935 dazu, dass von Einsiedl dem Angeklagten Renner den Hosenschlitz öffnete, ihm das Glied herausholte, an diesem herumspielte und das Glied des Renner schießlich in den Mund nahm und daran lutschte."
"Er bedaure, dass er sich mit Renner und auch mit seinen früheren Partnern auf die homosexuelle Handlungen einließ; er sei nicht gegen Frauen eingestellt, er leide an einer Phimose und habe daher nur schwer mit einer Frau Verkehr haben können."
"Der Angeklagte Renner gab zu, dass er im Sommer 1935 mit von Einsiedl homosexuellen Verkehr hatte, wie diese Einsiedl vorstehend zugegeben habe. Von Einsiedl habe aber sich auch sein Glied in den Mund gesteckt und daran gelutscht, allerdings ohne bei ihm Samenerguss zu erzielen. Er habe es sich gefallen lassen, weil er von Einsiedl allerlei Vorteile hatte und auch Bücher zum Lesen bekam. Er sei sonst normal veranlagt, habe ein Verhältnis mit einem Frl. Bachmann und sei Maler mit 39.- Rmk. Wochenlohn. Er sei bereits als Lehrling von einem Gesellen im Jahre 1927 zum Schenkelverkehr verführt worden. Er bitte milde Strafe, da er noch unbestraft und erst 24 Jahre alt sei.
"Die Angeklagten erschienen nach ihren eigenen Angaben des Vergehens gegen § 175 Str.G.B. schuldig und waren daher zu bestrafen. Hierbei kam strafmildernd in Frage, dass Beide geständig sind, unbestraft waren, ihre Schuld einsehen und bereuen und dass der Angeklagte von Einsiedl auch durch sein Fimose zu der Tat kam und glaubte, dass die gegenseitige Onanie nicht strafbar sei. Straferschwerend war dagegen, dass der Angeklagte von Einsiedl jahrelang im Aus- und Inland sein volksschädigendes Treiben fortsetzte und trotz seiner Bildung und Kenntnis anlässlich der Röhm-Affäre dies im Jahre 1935 auch noch tat."
Autor
Stephan Czibulinski
Geschichtswerkstatt queeres Brandenburg
2014
Quellen